Gemkow Sebastian 2020

"Strafverfolgung muss konsequent stattfinden"

Interview dpa

Über die Silvester-Ausschreitungen wird vor der Oberbürgermeisterwahl in Leipzig heftig diskutiert. Wie sieht CDU-Kandidat Sebastian Gemkow das Thema Sicherheit?

Die Leipziger wählen am 2. Februar ihren Oberbürgermeister. Sebastian Gemkow (CDU) fordert Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD) heraus. Ein Thema im Wahlkampf des 41-Jährigen ist Sicherheit, auch wegen der Ausschreitungen im Stadtteil Connewitz in der Silvesternacht. Ein Polizist wurde dort schwer verletzt, mutmaßlich von Linksextremisten. Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erläutert Gemkow, warum er Vorschriften nachdrücklicher durchsetzen will.

Wie würden Sie den Entwicklungen in Connewitz als Oberbürgermeister begegnen?

Sebastian Gemkow: Strafverfolgung muss konsequent stattfinden. Es geht nicht darum, ein buntes Viertel zu verändern, sondern es geht darum, dass jedem klar ist, dass man sich an Regeln des Zusammenlebens halten muss. Der Rechtsstaat muss die Rechtsordnung schützen. Bei ersten Missständen ist frühzeitig zu intervenieren: wenn Straßen verschmutzt sind, wenn Verkehrsschilder zugeklebt sind, wenn gegen Bauvorschriften verstoßen wird. Man darf nicht wegschauen, wenn es unordentlich ist. Denn das verstärkt die Probleme und letztlich auch ein Milieu, in dem Kriminalität wächst.

Also wollen Sie härter durchgreifen?

Ich empfinde es nicht als hart, wenn Menschen sich an Vorschriften halten. Die Frage ist, wie hart muss man manch einen daran erinnern, dass er sich an Recht und Gesetz halten muss? Und das ist dann der Punkt, an dem die Polizei ins Spiel kommt – wenn keine andere Ansprache mehr möglich ist.

Sicherheitspolitik ist eigentlich Sache des Freistaats. Was würden Sie als Oberbürgermeister ausrichten können?

Der gemeindliche Vollzugsdienst, also das Ordnungsamt, soll enger mit der Polizei zusammenarbeiten. Auch eine personelle Verstärkung des Bereichs ist denkbar.

Was ist Connewitz für Sie?

Connewitz ist ein toller und vielfältiger Stadtteil. In den 1980er Jahren haben viele Studenten in leerstehenden Häusern gewohnt. Ich bin als Kind sogar mit in solchen Häusern gewesen. In den 1990er Jahren entwickelte sich die Szene, wie wir sie heute kennen. Nach Gewaltausbrüchen wurde es ruhig. In den letzten Jahren erfährt die Stadt Leipzig wieder einen verstärkten Zuzug – auch in Connewitz. Das sind junge Leute, die zum einen wegen der günstigen Mieten kommen. Andere werden von der relativ kleinen, gewaltbereiten Szene angezogen, die sich in Connewitz etabliert hat.

In der öffentlichen Wahrnehmung wird Dresden häufig mit Pegida, Leipzig nun mit Linksextremismus verbunden. Wie sehen Sie das?

Ich sehe diese Zuspitzung mit Enttäuschung. Man wird keiner dieser Städte gerecht, sie auf Pegida oder auf das linksextremistische Spektrum zu reduzieren. Diese Themen stoßen in der Öffentlichkeit natürlich immer wieder auf Widerhall, aber sie sind marginale Teile des Lebens in diesen Städten. Dresden ist viel weltoffener, Leipzig viel ausgeglichener, als es dargestellt wird.

Anderes Thema: Sie wollen ein Radwegekonzept auf den Weg bringen und den öffentlichen Nahverkehr ausbauen - das klingt erstmal nicht nach CDU. Wie passt das?

Letztlich stehe ich zur Wahl, und im Zweifel sind es meine Ideen. Wir brauchen einen Mix der Verkehrsarten. Aber nicht in der Art wie bisher, dass sich die Verkehrsarten gegenseitig behindern. Wir müssen sie stärker voneinander entkoppeln. Ich möchte, dass Fahrradstraßen die Stadt sternförmig parallel zu großen Hauptstraßen erschließen - einseitig für Autos befahrbar. Dabei wird natürlich Parkraum wegfallen. Den möchte ich durch Quartiersgaragen auffangen. Solche Quartiersgaragen könnten auch an den Rändern der Stadt entstehen, Pendler könnten dann auf Rad oder Straßenbahn umsteigen.

Wie stehen Sie zum 365-Euro-Ticket, das der amtierende Stadtchef anstrebt?

Erstmal müssen wir Angebote schaffen, damit Straßenbahnfahren attraktiv wird. In Chemnitz fahren Straßenbahnen etwa bis ins Umland. Außerdem müssen wir das Netz dichter gestalten Dafür muss man investieren - danach können wir über ein 365-Euro-Ticket nachdenken. Aber doch nicht erst das Ticket einführen, das es am Ende unmöglich macht, das Netz auszubauen.

Einige Leipziger waren irritiert, dass Sie im neuen Kabinett wieder einen Ministerposten bekleiden - trotz Bewerbung als Oberbürgermeister. Was sagen Sie dazu?

Im Wissenschaftsministerium sind jetzt viele Aufgaben zu lösen – und zwar in den nächsten Monaten schon. Wir müssen den Hochschulentwicklungsplan anpassen. Wenn die Oberbürgermeisterwahl funktioniert, wird es ja noch eine ganze Weile dauern, bis der Amtswechsel in Leipzig überhaupt stattfindet. Wenn die Amtsübergabe ist, scheide ich aus dem Kabinett aus.